Der Nachruf auf das Café Salzgries von Andrea Dusl gehört jedenfalls zu den Dingen, die ich mir gerne in meine verbale Schatzkiste stecken möchte:

[…] Wäre Wien bis auf alle Grundmauern verschwunden und nur dieser Ort geblieben [Anm. eben das zugesperrte Café Salzgries], man hätte die Stadt wiedererrichten können aus den Geschichten, die hier erlebt wurden, aus dem Personal, das es bevölkerte, aus der Sprache, die hier gesprochen wurde. […]

In deinem Paralleluniversum wurde eine Sprache gesprochen, die mit dir verstummen wird. Wo sonst wird man ein „Knochenbad“ oder einen „Fleischtee“ bestellen können, wenn man Rindsuppe essen will? Wo wird man nach dem Fahrplan verlangen, wenn man die Speisekarte begehrt? Wo wird man nach „Gas und Strom“ rufen können, wenn man die Rechnung will? Und wo wird man diese dann mit „Eisenscheinen“ (Münzen) begleichen können? Wo soll die „Gewürzschaukel“ oder auch die „Mineraliensammlung“ (Salz & Pfeffer), der „Depressive“ (Kren), das „Fleischildefonso“ (Lasagne), der „aufgetrennte Pullover“ (Spaghetti) oder die „heisse Wiese“ (Spinat) gereicht werden? Auch exotische Getränke wie der „Kinderfernet mit Gletscher“ (Coca-Cola on the rocks), die „Hochobette“ (großes Obi gespritzt), die „Hofenkaltschale“ (Seidel), das „Astl“ (Zweigelt) oder der „Gießhübl“ (Weißer Spritzer) gehörten in deinen Räumen zum Standardsortiment.

Gehegt und gepflegt haben deine Sprache, die als „Salzgriesisch“ in die Geschichte eingehen wird, „Perr Heter“ (Herr Peter) und eine gleichermaßen eingeschworene wie ausgschamte Stammkundschaft, die sich in hingebungsvoller Treue um ihn scharte. […]

Im Falter 7/04, „Tiefschlag für Wien“, S. 70